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Interview mit Basler Regierungsrat Kaspar Sutter «Die ARA Basel wird nicht schon bald überholt sein»

Kaspar Sutter ist seit Februar 2021 als Regierungsrat von Basel-Stadt Vorsteher des Departements für Wirtschaft, Soziales und Umwelt. Im Interview mit der UMWELTTECHNIK spricht er über die Herausforderungen und Chancen des Erweiterungsbaus der ARA Basel sowie das Potential der bald stattfindenden Me

Regierungsrat Sutter, 2019 war der Spatenstich für die Erweiterung der ARA Basel (EABA). Gab es seither diesbezüglich irgendwelche böse Überraschungen?

Nein, das Vorhaben läuft zeitlich und kostenmässig nach Plan. Es ist eine sehr gute Leistung der Betriebsleitung der ProRheno AG, die die ARA Basel betreibt, den anspruchsvollen Bau der neuen Anlagen so zu realisieren, dass der laufende Betrieb nicht gestört wird.

 

Welche Bedeutung hat die EABA für den Kanton und die Region?

Das Vorhaben ist sehr wichtig für den Umwelt- und Gewässerschutz in unserer Region. Die 1982 in Betrieb genommene ARA Basel ist unterdessen an Alters- und Belastungsgrenzen gekommen und erfüllt die Vorgaben des eidgenössischen Gewässerschutzgesetzes nicht mehr vollumfänglich. Mit der Erneuerung der biologischen Reinigung auf den heutigen Stand der Technik und der Erweiterung um eine neue 4. Stufe zur Elimination von Mikroverunreinigungen wird Basel für die nächsten Jahrzehnte wieder über eine hochmoderne Abwasserreinigungsanlage verfügen. Durch die neue Reinigungstechnik lassen sich neu ein grosser Teil des Stickstoffs und viele belastende Mikropartikel aus dem Abwasser entfernen.

 

Gibt es seitens der Rhein-Anlieger Druck in Form von Forderungen bezüglich der EABA auf die Basler Regierung?

Nein. Die Erneuerung und Erweiterung der kommunalen ARA Basel ist von langer Hand vorbereitet worden und im regionalen Kontext seit langem bekannt. Für den Gewässerschutz am Rhein entstehen Vorteile durch die inskünftig noch bessere Reinigungsleistung insbesondere aufgrund der Stufe zur Elimination von Mikroverunreinigungen.

 

Mit der Fertigstellung der EABA steht eine von Europas modernsten und grössten Anlagen seiner Art in Basel. Sind diesbezüglich schon Vertreter anderer Regierungen und Regionen bei Ihnen vorstellig geworden und wollten mehr erfahren?

Nein, auf Stufe Regierung gab es bisher keine Anfragen. Mit der neuen ARA Basel steht der Kanton im schweizerischen und auch europäischen Vergleich sehr gut da. Sie weckt ein grosses Interesse, vor allem auch im Hinblick auf ihre Reinigungsleistung. Die ProRheno AG hat öfters Anfragen und Führungen von ARA-Betreibern. Sie steht auch in engem Austausch mit den ARA-Betreibern in der Schweiz auf Stufe von Fachgremien und Verbänden.

 

Haben Sie keine Sorge, dass der Stand der Technologie bei der EABA nach wenigen Jahren bereits wieder veraltet sein könnte?

Nein, da haben wir keine Sorgen. Die ARA Basel, so wie sie jetzt neu entsteht, wird nicht schon bald überholt sein. Sie entspricht im Hinblick auf die Elimination von organischen Schadstoffen und neu auch Stickstoff-Schadstoffen einem sehr hohen Stand der Technik. Verfahrenstechnische Weiterentwicklungen können und werden auch im Rahmen von normalen Ersatzmassnahmen erfolgen. Das in Basel installierte Reinigungsverfahren ermöglicht durch die flexible Betriebsweise auch für künftige Belastungen eine gewisse Flexibilität. Die nachgeschaltete vierte Reinigungsstufe lässt durch die Kombination von zwei Verfahren ebenfalls einen Spielraum zur Elimination von Mikroverunreinigungen offen. Sofern neue gesetzliche Vorgaben zusätzliche neue Reinigungsstufen erfordern, wären dann Erweiterungsprojekte vorzusehen ähnlich wie es jetzt mit der Elimination der Mikroverunreinigungen der Fall ist.

 

Welche Massnahmen ergreift die Basler Regierung dafür, dass es zu weniger Schadstoff-Einträgen ins Abwasser kommt?

Der Kanton kann wenig beeinflussen, welche Stoffe letztlich aus Haushalten ins Abwasser gelangen. Den regulativen Rahmen dafür setzt das Bundesrecht, dessen Einhaltung die kantonalen Vollzugsstellen überwachen. Was industrielle Abwässer angeht, müssen die Betriebe klar definierte Einleitungsbedingungen einhalten. Der Kanton Basel-Stadt hat in den 70er und 80er Jahren die Industrie- und Gewerbebetriebe abwassertechnisch saniert, um die Abwasserbelastung zu reduzieren und die gesetzlichen Grenzwerte einzuhalten. Seither werden bei jedem neuen Projekt die Gesetzeskonformität geprüft und wo nötig Massnahmen zur Abwasservorbehandlung verlangt. Auch die bestehenden Betriebe werden regelmässig kontrolliert und der Stand der Technik überprüft. Diese Anstrengungen werden auch in Zukunft weitergeführt, um die ARA Basel und die Gewässer vor negativen Auswirkungen zu schützen.

 

Basel hat diverse Chemie-Konzerne, die in der Vergangenheit ihre Produktion der Basis-Chemie ins Ausland ausgelagert hat. Welche Folgen hatte diese Entwicklung auf die industrielle, aber auch die kommunale Abwasserverarbeitung in Basel – und wie steht die Regierung zu diesem Trend?

Es ist richtig, dass wir heute in Basel viel weniger Abwasser aus der chemischen und pharmazeutischen Produktion haben als früher. Entsprechend ist die ebenfalls von der ProRheno AG betriebene ARA Chemie, die exklusiv der Reinigung der Abwässer der angeschlossenen Chemie-/Pharmafirmen dient, heute überdimensioniert und mittlerweile technisch veraltet. Und das verbleibende Abwasser ist heute auch in der Zusammensetzung viel weniger belastet.

Vor diesem Hintergrund bietet die Erneuerung und Erweiterung der ARA Basel eine Chance. Mit der neuen kommunalen Anlage und mit dem Rückgang der Fracht im industriellen Abwasser ist es möglich, kommunale und industrielle Abwässer gemeinsam zu verarbeiten. Dies wird ab 2024 stattfinden. Die industriellen Abwässer werden dann in der redimensionierten ARA Chemie vorbehandelt und anschliessend ebenfalls in der biologischen Stufe und der Stufe zur Elimination von Mikroverunreinigungen der ARA Basel gereinigt. Diese Lösung wurde zusammen mit den Bewilligungsbehörden über 5 Jahre pilotiert und gestützt darauf im Projekt EABA technisch vorbereitet. Sie bringt vor allem bei der Elimination von Mikroverunreinigungen grosse Vorteile.

 

Schätzungen zufolge werden rund 50 Prozent der gesamten in der Schweiz genutzten Energie für den Wärmebedarf gebraucht. Welche Potentiale sieht die Basler Regierung in Zukunft für die Abwärme-Nutzung von Bauten wie der EABA? Gibt es weitere ähnlich Projekte dieser Art?

Neben der schon bestehende Abwärmenutzung aus der Schlammverbrennungsanlage, soll in Zukunft die Abwärme aus dem Abwasser (Ablauf) mittels Wärmepumpen genutzt werden. Die ARA wird damit ein wichtiges Standbein für die Produktion für das Basler Fernwärmenetz.

 

Mit der Messe für Umwelttechnik (MUT) sammelt sich die Branche kommenden Frühling 2023 nach langen Pandemie-Jahren wieder und das in Basel. Welche Bedeutung hat die Messe für die Stadt, den Kanton und die Branche?

Die MUT ist wichtig, weil sie für die Entwicklung hin zu einer nachhaltigen, umweltschonenden Wirtschafts- und Lebensweise wichtige Themen aufgreift und eine Plattform für innovative Impulse bildet.

 

Weshalb sollten Branchenvertreter der Umwelttechnik zur MUT nach Basel?

Für den Messestandort Basel ist die MUT wichtig und interessant. Die Besucherinnen und Besucher finden in Basel gute Voraussetzungen und ein attraktives Umfeld. Dass nach den zwei Corona-Jahren wieder Messen und damit direkter Austausch und Dialog zwischen Menschen stattfinden kann, ist wichtig, weil Innovation eben vor allem auch eine direkte Interaktion der Akteure braucht. Wir freuen uns, dass das nun wieder gelingt.

 

Welche umwelttechnischen Ziele verfolgt die Basler Regierung in den kommenden Jahren?

Für einen wirksamen Schutz der Umweltgüter, sei es mit Blick auf die Luft- oder Gewässerreinhaltung, die Lärmbekämpfung oder Altlasten im Boden, gilt es jeweils auf dem aktuellen Stand der Technik zu bleiben. Des Weiteren wollen wir, vor dem Hintergrund von Klimawandel und einer nachhaltigen Energiepolitik, die modernen umwelttechnischen Massnahmen nutzen, um das Potenzial einer CO2-neutralen Energiegewinnung zu erschliessen, beispielsweise bei der Produktion von Biogas.

 

BILDLEGENDEN

ARA Basel (Bild ProRheno AG)

Mit dem Erweiterungsbau der ARA Basel erhält die kommunale Abwasserreinigung unter anderem eine zusätzliche Reinigungsstufe.